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Commediamarkt

von Gion Mathias Cavelty -



«Commediamarkt» ist eine ziemlich irrwitzige Satire über Chur und Konsum


Von Julian Reich

Es gibt dieses eine Lied in diesem Stück, und es will einem nicht mehr so recht aus dem Kopf. «Commediamarkt, Commediamarkt, miar bruchend di nid / Commediamarkt, Commediamarkt, lohn üs in Ruah mit dinem shit», und so weiter, gesungen auf einer recht einfachen, Fangesangs-ähnlichen Melodie. Es ist ein wichtiges Lied. Denn es vermag – richtig intoniert, mit Walti-Lietha-Zaubergitarre und Wolfram-Frank-Schnauz – nichts weniger als die Zerstörung eines Gottes. Und das ist doch schon sehr viel für ein simples Lied.

Man läuft also hinaus aus dem «Commediamarkt», der neuen Eigenproduktion der Klibühni, im Ohr diese Melodie, komponiert von Robert Grossmann, im Ohr diese Verse, verfasst von Gion Mathias Cavelty. Und fragt sich, was das gerade war, da im Innenhof der Klibühni: Schlichter Blödsinn? Kluge Satire? Purer Klamauk? Von allem ein wenig – nein, ziemlich viel sogar.

Der andere Schöpfungsmythos

In «Commediamarkt» erzählt der in Chur geborene Autor Cavelty einen etwas anderen Schöpfungsmythos: Vor 7000 Jahren war es Brauch unter den Churern, Seruchat (René Schnoz), ihrem Gott der Unterhaltung, Opfer darzubringen. Jungfrauen in Scharen wurden an der Raschärenstrasse aufgeschlitzt, viel Blut vergossen. Heute steht am selben Ort dieser Commediamarkt, ein Konsumtempel für das Volk, eine Geldmaschine für den Geschäftsführer (Max Rüdlinger als Captain).

Seruchat wacht auf aus seinem langen Schlaf und fordert neue Opfer – eine frische Jungfrau soll man ihm darbringen. Der Captain schickt seinen Gehilfen Arlecchino (Nikolaus Schmid) auf die Suche, dieser findet Columbina (Felicitas Heyerick), verliert aber sein Herz an ihre dümmliche Schönheit.

Mit Lietha gegen das Schicksal

Gemeinsam lehnen sie sich gegen das Schicksal auf, wobei ein hinterlistiger Staubsaugergeist, der Bilderbuch-Intellektuelle Wolfram Frank und eben die Zaubergitarre des Liedermachers Walti Lietha ihren je eigenen bedeutungsschweren Auftritt haben. Verfolgt Ersterer quasi eine versteckte Agenda, treten die anderen an als Konsumkritiker par excellence. Eine Caveltysche Ehrerbietung und Verhöhnung zugleich.

Da ist also dieses Trio der traditionellen Commedia-dell’arte- Figuren, Capitano, Columbina und Arlecchino. Daneben treten Schnoz, Rolf Schmid und Gian-Marco (Gimma) Schmid wahlweise als Archivar, Dickdarm, Hirn, Bischof oder Zipfel von Chur auf. Gerade Schnoz und Rolf Schmid haben ziemlich viel zu tun, um all die absurden Figuren zu verkörpern.

Es kann nicht ganz leicht sein, eine Kopfgeburt von Cavelty auf die Bühne zu bringen. Regisseur Achim Lenz tut es mit viel Gespür für Tempo und Timing. Und zeigt auch den Mut zur Pause, etwa wenn sich der Capitano und Seruchat minutenlang schweigend belauern. Die metatheatralen Kommentare aber, wenn sich die Schauspieler mit ihren Namen ansprechen, funktionieren nur manchmal, meist nicht.

Die Aufgabe, die «Commediamarkt»-Figuren in die Wirklichkeit zu übersetzen, meistern die für Ausstattung und Maske verantwortlichen Esther Larocchia und Cordula Pompino mit viel Kreativität. Da steht viel Schrott rum, einige Originalrequisiten, abgedrehte Kostüme wie das mannshohe und -breite Hirn von Chur.

Komponist als Exhibitionist

Die Musik steuern Gion Andrea Casanova, Robert Viski und Robert Grossmann bei. Grossmann hat das meiste dazu arrangiert oder gar neu komponiert, zum Beispiel die ohrwurmende «Commediamarkt»-Hymne. Und greift auch mal ins Spiel ein, als er erst sein Instrument erklärt und sich dann das Hemd vom Körper reisst.

Irr ist das alles, und witzig auch. Irrwitzig.


Mit: Max Rüdlinger, Nikolaus Schmid, Felicitas Heyerick, René Schnoz, Rolf Schmid & Gian Marco Schmid (Gimma)

Regie: Achim Lenz

Musik: Robert Grossmann

Nikolaus Schmid

Schauspieler

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