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Selbstvertrauen

Ich habe am Freitag, 23.3.18 in Chur beim "2. Forum Kulturtourismus in Graubünden" als Präsident des Dachverbandes der Kulturschaffenden KULTURKANTON GRAUBÜNDEN ein kurzes Referat gehalten:

“Kulturtourismus aus kultureller Sicht”.

Das ist die Vorgabe für mein Input Referat. Aus kultureller Sicht. Hm.

Was ist das Erste, das mir durch den Kopf geht?

Skepsis, Ablehnung.

Was, jetzt sollen wir Künstler, wir Kulturschaffenden uns vor den Karren spannen lassen und Übernachtungszahlen generieren? Weil der Schnee nächstes Jahr wieder ausbleiben wird, setzt man nun auf uns? Wir in der Kunstwelt tätigen mögen diesen Gedanken nicht. Eventisierung ist ein Stichwort, dass uns die Nackenhaare kräuselt. Kunst ist Kunst und Tourismus ist Tourismus. Also lassen Sie mich in Ruhe. Ich danke Ihnen…

geht ab, kommt zurück...

Natürlich stimmt das so nicht. Natürlich müssen wir differenzierter schauen.

Also habe ich auf mich selbst geschaut. Auf meine Tätigkeiten als Schauspieler. Und ich habe festgestellt, dass ich in meiner Arbeit längst dabei bin, Kultur und Tourismus zu kombinieren. Es liegt ja auch nahe. Die Hoteliers, usw. sind Gastgeber. Wir Theater und Filmschaffenden sind es in gewisser Weise auch. Der Tourismus möchte, dass sich der Gast wohl fühlt, er wird willkommen geheissen, umsorgt. Wir machen das oft auch. Natürlich nicht nur. Das Spektrum der Kultur ist breit. Klar, wir wollen ab und an auch provozieren, Leute aus ihrer Comfort Zone raus holen. Aber schlussendlich schaffen auch wir ein Klima, in dem sich unser Gast wohl fühlt. Sonst käme er ja nicht wieder. Und nach der Vorstellung soll er bleiben und noch etwas trinken und sich mit uns unterhalten. Ein sozialer Vorgang. Und das gilt für andere Sparten auch.

Ergo: Es gibt Berührungspunkte. Wir müssen uns öffnen, die gegenseitigen Benefits erkunden. Wir müssen nicht Kultur für den Tourismus machen. Keine Theme Parks, in denen Schauspielerinnen als Heidis herumrennen, keine orchestrierten “Bitte liebe Touristen, bleibt hier und gebt euer Geld aus” Hymnen mit dafür engagierten Chören und Jodlern. Kulturtourismus kann in Graubünden nicht Las Vegas sein. Wir müssen die Kultur, die wir bereits reichhaltig haben, sichtbar machen. Ihr Wert geben. Dann kann man Bundles verkaufen. Drei Übernachtungen an drei Orten mit Dinner in drei verschiedenen Restaurants (auch Kulinarik ist Kultur), jeden Abend eine kulturelle Veranstaltung und tagsüber im kleinen Schwarzen durchs Welterbe mit der kleinen Roten - wo Gleismonteur Reto wartet - um dann in St. Moritz eben das kleine Schwarze bei hochkarätigem Jazz präsentieren zu können. Leider führt die Albula Strecke nicht über den Julier, sonst hätte man noch bei Giovanni Carisch’schen Konfekt essen können.

Ich übertreibe. Und scherze. Weil wir auch nie den Humor verlieren sollten.

Aber ich glaube schon an diesen Ansatz. An diese Verknüpfung. So hilft der Tourismus der Kultur und die Kultur dem Tourismus.

Ich denke, man muss sich grundsätzlich ein positives Mindset erarbeiten und wir müssen an unserem Selbstwertgefühl arbeiten. Wir Kulturschaffenden zumindest. Wir leben in einer Kultur der Zurückhaltung und Bescheidenheit. Stellen Sie sich vor, jemand kommt zu Ihnen und sagt:

“Wow, ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Arbeit, zu Ihrem Erfolg. Sie bereichern mein Leben, Sie leisten einen Beitrag dazu, dass es mir besser geht. Sie zeigen mir auf der Bühne Emotionen, die ich bei mir selber nicht zulasse und leiten mich so an, es doch zu tun.”

Ihre Antwort wird vermutlich sein: “Oh, äh, danke. Nein nein, nun übertreiben Sie mal nicht. Das ist doch nichts… Das könnten Sie auch… Uiuiui…”

Ihre Antwort müsste aber sein:

“Vielen Dank! Das freut mich sehr. Ich rechne es Ihnen hoch an, dass Sie den Wert meiner Arbeit und der Kultur erkennen und anerkennen. Ich arbeite hart dafür, diese Leistungen jeden Abend erbringen zu können.”

Das müsste die Antwort sein!

Arrogant, finden Sie?

Nein. Selbstbewusst.

Wir müssen aufhören, unser Licht unter den Scheffel zu stellen. Wir müssen uns Wert geben, sodass andere unseren Wert erkennen. Erhobenen Hauptes sollen wir für unsere Werte einstehen. Mit guter Laune und hoher Energie. Dann werden wir zu Partnern. Und so erwecken wir Interesse.

Um wen scharen sich bei einer Party die Leute? Um den, der der Positivste ist, der sichtbar ist und sich nicht versteckt. Denn wir brauchen uns nicht zu verstecken. Wir haben einen wunderschönen Kanton mit wunderschönen Menschen und einer grossen kulturellen Vielfalt und auch Qualität.

Wir sollten so gut aufgestellt sein, dass die Touristiker zu uns kommen und fragen:

“Dürfen wir euch bitte in unser Programm nehmen?”

Mit diesem Selbstbewusstsein leisten wir auch einen aktiven Beitrag zum Image unseres Kantons und so erreichen wir, dass man uns nicht mehr subventioniert…, sondern in uns investiert.

Ich habe Anfangs gesagt, dass ich festgestellt habe, dass ich in meiner Arbeit schon kulturtouristisch agiere.

Ich möchte Ihnen gern in den nächsten Einträgen drei Projekte vorstellen. Als Beispiele für einen aus meiner Sicht gelungenen Kulturtourismus. Bleiben Sie dran ;) ...

Nikolaus Schmid

Schauspieler

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